Im Zuge der Industrialisierung der traditionellen handwerklichen Leinenproduktion und -verarbeitung entsteht in Bielefeld nach und nach eine Werkzeugmaschinenfertigung, die ihren Ausgang in der Entwicklung von Feinmechanikbetrieben, vor allem der Nähmaschinenherstellung, nimmt.
Die über ganze Straßenzüge sich erstreckenden Fabrikanlagen waren wie hier in der Nikolaus-Dürkopp-Straße (vormals Moltkestraße) z. T. mit Brücken verbunden.
Dem Schlosser Nikolaus Dürkopp gelingt eine Ausnahmekarriere zum Industriellen.
Die Geschichte der Dürkoppwerke beginnt 1867. Nikolaus Dürkopp gründet mit Carl Schmidt zusammen seine erste Firma, die Nähmaschinen-Reparaturwerkstatt Dürkopp & Schmidt.
Die Türme des repräsentativen Hauptgebäudes von der Rückseite.
Zwei Arbeiter sind angestellt. Dürkopp arbeitet erfolgreich an der Entwicklung einer eigenen (Industrie-) Nähmaschine, die Firma zieht zwecks Vergrößerung um, 1869 wird eine Fabrik gebaut, die Zahl der Arbeiter steigt auf 44.
Der 1870/71 gewonnene Krieg resultiert in einem allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung. Carl Schmidt verläßt 1876 die Firma und wird ausbezahlt. Neues Kapital bringt der Kommerzienrat Richard Kaselowski mit in die Firma, fortan Dürkopp & Co. Die Anfang der 1880er Jahre einsetzende Rezession nutzt Dürkopp, um die Produktpalette auszuweiten. Ab 1885 werden Fahrräder produziert. Viele Einzelteile kommen zunächst aus England, werden später dann selbst produziert und schließlich sogar (auch nach England) exportiert. Ebenfalls in der zweiten Hälfte der 1880er Jahre beginnt die Produktion von Haushaltsnähmaschinen, sowie Gas- und Petroleummotoren. Zum 25-jährigen Firmenjubiläum 1892 beschäftigt die Firma 1665 Mitarbeiter.
1894, fünf Jahre vor Opel, beginnt in Bielefeld die Automobilproduktion.
Aus der Produktpalette der Dürkoppwerke um 1920.
Dürkopp ist Pionier in der Entwicklung des Kardanantriebes, vor allem bei LKW, aber selbst Fahrräder werden mit dieser Technik ausgestattet. 1896 scheidet Kaselowski aus. Von 1899 bis 1912 und von 1927 bis 1961 (mit kurzer Unterbrechung am Ende des 2. Weltkriegs) werden Motorräder bzw. Motorroller hergestellt.
Ab 1913 nennt sich die Firma Dürkoppwerke Aktiengesellschaft (Dürkoppwerke A. G.). Während des ersten Weltkrieges werden Rüstungsgüter, Spezialfahrzeuge und Fahrräder für die Artillerie, hergestellt. 1918 stirbt Nikolaus Dürkopp.
Der Dürkopp P8 in use.
1929 wird die Automobilproduktion eingestellt. 1932 werden die ersten Förderanlagen für die Bekleidungsindustrie entwickelt, wie die Industrienähmaschinen ein Geschäftsbereich, in dem das Unternehmen noch heute tätig ist.
Durch die Umstellung auf die Kriegswirtschaft des Dritten Reichs erfahren die Dürkoppwerke einen wirtschaftlichen Aufschwung. Maschinengewehre, Nadellager1) für Panzer, Granaten und Fahrgestelle für Flugabwehrkanonen werden jetzt auch im Zweigwerk in Künsebeck (Nähe Halle/Westfalen) produziert.
Mitte der dreißiger Jahre arbeiten etwa viereinhalbtausend Menschen in den Dürkoppwerken. 1941 wird die Dürkoppwerke A. G. NS-Musterbetrieb, zwei Jahre später Kriegsmusterbetrieb. Ende 1944 werden die Werke durch Fliegerbomben großenteils zerstört.
Bereits 1945 läuft die Produktion wieder an. Die Herstellung von Fahrrädern, Motorrädern und Haushaltsnähmaschinen wird 1961 eingestellt. Das Unternehmen konzentriert sich auf die Bereiche Industrienähmaschinen, Wälzlager und Förderanlagen, firmiert ab 1967 als Dürkoppwerke GmbH und fusioniert 1990 mit einem Bielefelder Traditionsunternehmen ähnlicher Art, der Kochs Adler AG, zur Dürkopp Adler AG.
1) Nadellager sind eine Art verbreiterte Kugellager, in denen statt der Kugeln kleine Wellen (Stifte, "Nadeln") rollen.