Die Herstellung von Flachsgarn in der Ravensberger Spinnerei Bielefeld

Der Produktionsprozess vom Flachs bis zum Garn fand im Laufe des Bestehens der Spinnerei in dafür unterschiedlich genutzten Gebäuden statt, z.T. wurden auch neue Gebäude hinzugebaut.

Der Flachs kam geröstet und geschwungen aus dem Umland, aber auch aus Belgien und Russland, angeliefert. Er wurde nach seiner Länge in die langen, qualitätsvollen Flachsfasern und in kurzes, weniger qualitätsvolles Werg unterschieden. Letzteres taugte vor allem zu grobem Sackleinen, aus den langen Pflanzenfasern wurde feines Leinengarn, für Stoffe, hergestellt.

Um den Flachs von Holzresten zu befreien, parallel zu legen und möglichst fein aufzuteilen wurde er in den verschiedenen Produktions­prozessen durch Maschinen gezogen und gedreht, die mit Eisenkämmen und Walzen oder Feldern mit Eisennägeln bestückt waren (Kardiermaschinen (Karden), Kämmmaschinen, Hecheln). Das Werg musste vor dem Hecheln kardiert und gekämmt werden (zunächst Sheddachhalle, später Karderie).

Die so geordneten und zu Flachs- bzw. Wergbändern verfeinerten, entholzten Flachsfasern gelangten nun in die Vorspinnsäle (die beiden Säle im Erdgeschoss des Hauptgebäudes sowie der vordere Teil der Sheddachhalle). Hier wurden die Bänder durch nochmaliges Drehen und Strecken zu einem dicken Garn, dem sogenannten Vorgarn, verarbeitet und auf große Vorspinnspulen gewickelt.

Der nächste Schritt, das Fein- oder Nassspinnen (die Säle in den beiden Obergeschossen des Hauptgebäudes), diente u.a. dem Abbau des Pflanzenleims. Das Vorgarn wurde durch hölzerne Wasserkästen geführt, in denen die Wassertemperatur 60 bis 70 Grad Celsius betrug. Durch abermaliges Strecken und Drehen erhielt das Garn seine endgültige Feinheit und gelangte in nassem Zustand nochmals auf Spulen.

Das erforderliche Trocknen konnte auf zwei unterschiedlichen Wegen geschehen: Beim Haspeln (im Dachgeschoss des Hauptgebäudes) wurde das nasse Garn über die auf den Speichen einer Nabe befestigten, zur Laufrichtung querstehenden Streben, also auf eine Haspel, gewickelt. Beim moderneren Spulen (im Mitteltrakt des Dachgeschosses) kam das nasse Garn auf luftdurchlässige Spulenkörper und wurde in einer Ofenanlage getrocknet.

Literatur, Quellen:

Renda, Gerhard, Die Ravensberger Spinnerei in Bielefeld, DKV-Kunstführer Nr. 604/2, 1. Aufl., München u.a. o.J.

Volkshochschule Bielefeld, Dauerausstellung zur Geschichte der Ravensberger Spinnerei, Stand: 28.6.2005